Vergangene Woche gewannen Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf in ihrer Show „Joko & Klaas gegen ProSieben“ und bekamen somit 15 Minuten Sendezeit, welche sie am nächsten Abend auf ProSieben frei gestalten durften.

Schon einige Male hatten die beiden TV-Stars Sendeminuten für sich gewinnen können und diese auf verschiedenste Weise genutzt. Einerseits auf lustige Art, um 15 Minuten lang das RTL-Programm zu zeigen. Andererseits, um auf ernste Themen der Gesellschaft aufmerksam zu machen, wie zum Beispiel „A Short Story of Moria“, wo über die Zustände in dem abgebrannten Flüchtlingslager in Moria, Griechenland berichtet wurde.

Auch letzten Mittwochabend (31.März 2021) nutzen die beiden ihre Sendezeit bei „Joko & Klaas Live“ um wichtigen Menschen eine Stimme zu geben – und schrieben dabei TV-Geschichte.

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„Joko & Klaas Live“ zum Thema Pflegenotstand

Üblicherweise sind es 15 Minuten, die Joko und Klaas frei gestalten dürfen. Für das Thema Pflegenotstand sprengten sie diesen Rahmen aber deutlich und zeigten 7 Stunden (!) lang und ohne Werbeunterbrechung den Alltag von Meike Ista, einer Fachgesundheits- und Kinderkrankenpflegerin für Intensiv & Anästhesiepflege im Knochenmark- und Transplantationszentrum der Uniklinik Münster.

Meike Ista, Fachgesundheits- und Kinderkrankenpflegerin für Intensiv & Anästhesiepflege | Quelle: https://twitter.com/UK_Muenster

Meike Ista, Uniklinik Münster | Quelle: https://twitter.com/UK_Muenster

Meike Ista bekam eine Body-Cam umgehängt, wodurch sie die Zuschauer: innen durch ihre gesamte Frühschicht am Donnerstag, den 18.März 2021 ab 6 Uhr morgens mitnahm und allen einen Einblick in ihren Arbeitstag gewährleistete. Man sah ihr beim Besuchen der Patient: innen zu, wie sie Medikamente einstellte, Blut abnahm, Fieber misste, sich mit Kollegen austauschte und vieles mehr.

Neben ihren Arbeitsschritten wurden auch zahlreiche Personen aus unterschiedlichen Pflegeberufen verschiedenster Kliniken und Heime zugeschaltet, welche durch ihre Erzählungen auf die harten Bedingungen in der Krankenpflege aufmerksam machten. Einer erzählte von einem Kollegen, welcher 23 Tage am Stück arbeitete. Andere erzählten, warum sie ausgestiegen sind. Weitere berichteten über die schönen Seiten des Berufes, aber das sie erschöpft und frustriert seien und diesen bald nicht länger tätigen könnten, sollte sich in der Politik nichts an ihren Bedingungen ändern.

Vielen ist einfach wichtig, dass sie respektiert werden, Anerkennung bekommen, angemessen bezahlt werden und zufrieden nach Hause gehen können.

„Pflegekräfte gehen tagtäglich mit dem Gefühl nach Hause, ihre Arbeit nicht geschafft zu haben. Dinge vergessen zu haben, ihren Kollegen zu viel Arbeit liegengelassen zu haben. (…)“

Esther Binar, Krankenschwester in Oldenburg

Politischer Hintergrund

Durch die Sondersendung, welche mit dem Hashtag #Nichtselbstverständlich auf Twitter zur Diskussion aufruft, wird klar, dass die Politik eingreifen und handeln muss – sonst verschlechtert sich die Situation noch weiter und ein Zusammenbruch des Systems droht.

„Ich würde lieber wieder nach Afghanistan fliegen, als die zweite Welle als Pfleger nochmal mitzuerleben.“

Ralf Berning, ehemaliger Bundeswehr-Soldat und jetziger Intensiv-Pfleger aus Bielefeld

Der Pflegenotstand war schon vor der Corona-Pandemie da, allerdings steigt die Quote der Aussteiger seit ihrem Beginn drastisch. Das Personal ist überlastet und fühlt sich von der Politik übersehen: „Wir sind nicht selbstverständlich.“

Reaktionen seitens der Politik

Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz twitterte unter dem Hashtag #Nichtselbstverständlich: „Danke Joko und Klaas für diese Sendung! Und – man kann es nicht oft genug sagen – Danke an alle Pflegerinnen und Pfleger! Ohne sie geht nichts. Antwort auf diese Erkenntnis ist nicht, Beifall zu klatschen. Respekt heißt: gute Löhne und Arbeitsbedingungen.“

Hierfür bekam er allerdings direkt scharfe Kritik, denn Worte allein würden nichts mehr bringen – die Menschen fordern Taten und Handlungen.

Am nächsten Tag hatte sich auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu der ProSieben-Pflege-Doku geäußert und eine zustimmende Stellung eingenommen: „Es ist gut, dass die Pflege jetzt in der Primetime läuft“. Auf einer Pressekonferenz lobte Spahn die Sendung und versprach, sich für die geforderten Bedingungen einzusetzen. Die Dokumentation habe „sehr eindrucksvoll“ gezeigt, was Pflegerinnen und Pfleger täglich leisten. „Sie verdienen unseren Respekt“.

Spahn verkündete, dass nun Gespräche mit den Pflegeverbänden anstehen, um zu besprechen, wie die Arbeitsbedingungen verbessert werden können.