Diskussionen: Pflegekammer | Quelle: Gerd Altmann auf Pixabay

Pflegekammer

Was ist eine Pflegekammer?

Definition: Eine Pflegekammer ist eine Berufskammer und dabei gleichwertig den etablierten Heilberufskammern (z.B. Ärztekammer, Apothekerkammer) zu betrachten. Somit ist die Pflegekammer eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Dienstes. Die Kammer ist ein Selbstverwaltungsorgan für festgelegte Berufsgruppen und wird auf Länderebene organisiert.

Aufgaben & Ziele einer Pflegekammer

Das Ziel einer Pflegekammer ist es, für unsere gesellschaftliche Allgemeinheit eine sachgerechte und professionelle Pflege zu gewährleisten. Dies soll durch die neusten pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse erlangt werden. Die Hauptaufgabe ist dabei, die berufliche Bedeutsamkeit der Pflegenden zu fördern und dabei das Interesse der Bevölkerung zu beherzigen.

Pflegekammern übernehmen hoheitliche Aufgaben. Hoheitliche Aufgaben sind Aufgaben, die vom Staat zu erfüllen sind. Für die Pflegekammer ist es beispielsweise eine schützende Funktion der Bevölkerung vor einer schlechten Pflege.

Überwiegend sind folgende Aufgaben einer Pflegekammer zuzuordnen:

  • Berufsständische Vertretung der Pflege

  • Beteiligung an Gesetzgebungsverfahren

  • Erlass einer Berufsordnung, Berufsaufsicht

  • Erlass von Fort- und Weiterbildungsordnungen

  • Empfehlungen zur Gewährleistung hochwertiger Pflege

  • Beratung der Mitglieder in ethischen, fachlichen sowie standesrechtlichen Fragen

  • Registrierung, Erhebung verschiedener Daten

Keine Aufgaben einer Pflegekammer sind folgende Bereiche:

  • Berufsverbände und Gewerkschaften

  • Tarifverhandlungen

  • Arbeitsverträge, Dienstvereinbarungen

  • Qualitätsprüfung in den Einrichtungen

  • Arbeitsbedingungen vor Ort

  • Regelungen zur Altersversorgung

  • Ausbildung und Studium

Welche Pflegekammern gibt es?

Da Pflegekammern auf Länderebene agieren, sollten die einzelnen Bundesländer betrachtet werden. Doch nicht alle Bundesländer haben eine Pflegekammer. Die vorhandenen Landespflegekammern werden von der Bundespflegekammer auf Bundesebene vertreten. Somit dient die Bundespflegekammer als zentraler Ansprechpartner für die Regierung und ist für die gemeinsame Interessenvertretung aller Pflegefachpersonen zuständig. Die Bundespflegekammer ist keine Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern hat die Rechtsform eines eingetragenen Vereins.

Bundesländer ohne Pflegekammer

  • Mecklenburg Vorpommern

  • Sachsen-Anhalt

  • Sachsen

  • Thüringen

  • Bayern

  • Berlin

  • Hamburg

  • Bremen

  • Saarland

Bundesländer mit Pflegekammer

  • Nordrhein-Westfalen [Pflegekammer NRW]

  • Niedersachsen [Pflegekammer Niedersachsen] – Die Pflegekammer in Niedersachsen wird aufgelöst.

  • Schleswig-Holstein [Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein]

    Mehrheit bei der Abstimmung gegen eine Pflegeberufekammer. Die Beteiligung war sehr hoch und für eine Auflösung stimmten ca. 92 %.

    Durch dieses Ergebnis sind wir der Lösung der Probleme der Pflege in Deutschland nicht einen Schritt nähergekommen“, äußerte sich die Präsidentin der Pflegeberufekammer Patricia Drube.

Bundesländer mit ausstehender Entscheidung

  • Baden-Württemberg – Das Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg gab in einer Mitteilung bekannt, dass die Einführung einer Landeskammer verschoben wird.

    Zur Mitteilung

  • Brandenburg – In Brandenburg wird es, zumindest vorerst, keine Pflegekammer geben, da es im Landtagsausschuss keine Mehrheit gegeben hat.

  • Hessen – Die Mehrheit der Pflegenden, die befragt wurden, stimmten gegen eine Pflegekammer (kein einwandfreier Vorgang bei der Befragung, Beratungen dauern an).

Pflegekammer: Vor & Nachteile

Vorteile

  • Bessere Qualität der Pflege und Schutz vor „schlechter“ Pflege

  • Anstreben einheitlicher Qualitätsstandards

  • Vertretung der Interessen gegenüber der Politik (Versuch: Einflussnahme auf die Politik)

  • Müssen Mitgliedermeinung repräsentieren (Kommunikation der Pflegenden)

  • Keine externen Einflüsse (da selbst verwaltend)

  • Anlaufstelle/ Beratung für Mitglieder (fachliche, juristische, ethische oder berufspolitische Fragestellungen)

Nachteile

  • Mitgliedschaft ist verpflichtend (Zwangsmitgliedschaft, außer bei Azubis)

  • Regelungen rund um Ausbildung/Pflegestudium können nicht getroffen werden

  • Forderungen/ Meinungen werden zwar zur Kenntnis genommen, jedoch nicht berücksichtigt (Entscheidungen fallen auf Bundesebene)

  • Beitragszahlungen sind als „hoch“ zu betrachten

  • Entscheidung über Ausbildung (Pflegeberufe) liegt beim Bundestag. Pflegekammer ist Institution des jeweiligen Bundeslandes. Sprich: Einfluss ja, Entscheidungsbeteiligung nein!

  • Pflegeberufe werden durch eine Pflegekammer für junge Menschen nicht attraktiver

  • Keine Befragungen der Auszubildenden

  • Kein Einwirkung auf arbeitsvertragliche Regelungen

  • Keine Überprüfung der Qualitätsstandards

Gewerkschaft

Was ist eine Gewerkschaft?

Definition: Eine Gewerkschaft ist eine demokratische Vereinigung von Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerinnen. Dabei vertreten Gewerkschaften die kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Arbeitnehmer gegenüber den Arbeitgebern (oder der Politik). Im nachfolgenden Video erklärt die IG-Metall, was eine Gewerkschaft ist.

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Aufgaben & Ziele einer Gewerkschaft

Eine wichtige Aufgabe der Gewerkschaft ist, die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer zu verbessern und die Verhandlung von Tarifverträgen. Darunter wird u.a. folgendes verstanden:

  • Angemessene Lohnkonditionen
  • Kürzere Arbeitszeiten
  • Erhöhter Urlaubsanspruch

Wenn Forderungen von der Gewerkschaft nicht akzeptiert werden, kann diese zu einem Streik aufrufen. Außerdem werden Arbeitnehmer bei arbeitsrechtlichen Angelegenheiten beraten und unterstützt.

Welche Gewerkschaften gibt es?

Der deutsche Gewerkschaftsbund [DGB] wird in Deutschland als Dachverband der einzelnen Gewerkschaften verstanden. Dabei setzt sich die DBG aus acht Gewerkschaften zusammen. Es kann als Vereinigung verstanden werden, welche gemeinsame Interessen verfolgt. Die acht Gewerkschaften sind:

Hauptsächlich setzt sich von den genannten Gewerkschaften ver.di für die Interessen der Pflegenden ein. Bis zum 12.05.2020 gab es keine Pflegegewerkschaft. An diesem Tag entstand der BochumerBund [BB], die erste Pflegegewerkschaft.

Gewerkschaften: Vor & Nachteile

Vorteile

  • Unterstützung bei Problemen am Arbeitsplatz

  • Einsatz für bessere Arbeitsbedingungen

  • Kostenlose Beratungen (u.a. Ansprüche in Bezug auf betriebliche Altersvorsorge oder Arbeitslosigkeit)

  • Kostenloser Rechtsschutz (bei arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen oder bei Streit mit der Pflege-, Arbeitslosen-, Kranken-, Rentenversicherung als auch mit der Berufsgenossenschaft)

  • Finanzielle Absicherung bei einem Streik durch das Streikgeld

  • Chance, dass ein besserer Tarifvertrag errungen wird

  • Seminare, Weiterbildungsmöglichkeiten

Nachteile

  • Beitragszahlungen (ca. 1 % vom Bruttogehalt)

  • Wird oft als „Karrierekiller“ abgestempelt, da Streik als Vertrauensbruch gesehen werden kann

Die Studie „Trade Union Membership and Dismissals“ zeigt außerdem, dass durch eine Gewerkschaftszugehörigkeit eine höhere Arbeitsplatzsicherheit herrscht. Diese erhöhte Sicherheit ist auf den kostenlosen Rechtsschutz zurückzuführen.

Kritik an Pflegekammern

Doch wieso wehren sich viele Pflegekräfte gegen die Pflegekammern bzw. haben eine eher kritische und abweisende Haltung?

Es ist wohl kein Geheimnis, dass die Zwangsmitgliedschaft viele Pflegende verärgert. Denn alle Pflegekräfte sind dazu verpflichtet einen Beitrag für die Pflegekammer zu zahlen. Da stellen sich viele die Frage, wofür diese Zwangsbeträge bezahlt werden.

Ein Streitthema in der Pflege ist in der Vergangenheit auch die unangemessene Bezahlung gewesen. Neben einer wohl nicht gerechten Vergütung müssen diese zusätzlich noch einen Zwangsbeitrag zahlen. Es ist verständlich, dass die Betroffenen aufgebracht sind.

„Bislang kein Vorteil für Pflegekräfte“

Karola Fuchs, Leiterin einer Intensivstation im Klinikum Idar-Oberstein

Viele fragen sich, meist zurecht, welche Vorteile aus den Pflegekammern entnehmbar sind. Auf dem ersten Blick hört sich eine Pflegekammer definitiv vielversprechend an. Der Grundgedanke „die Interessen der Pflegekräfte zu vertreten und eine sachgerechte und qualitativ hochwertige Pflege zu gewährleisten“ scheint jedoch nicht unbedingt wirksam zu sein.

Die Pflegebranche benötigt bessere Arbeitsbedingungen, eine angemessene Bezahlung, eine aufrichtige Wertschätzung und eine Lösungsperspektive in Bezug auf den Personalmangel. Das sind die „wahren“ Problematiken der Branche.

Doch laut den Kritikern werden die genannten Schwierigkeiten nicht angegangen. Denn die Pflegekammern können zwar die Meinung gegenüber der Politik ausdrücken und versuchen diese zu beeinflussen, die Entscheidung jedoch liegt ausschließlich bei der Politik. Dies wird von Kritikern wiederholt als Beleg für eine uneffektive bzw. wirkungslose Prozedur ohne sichtbaren Nutzen genannt.

Fazit

Ein Streitthema mit vielen kritischen Stimmen und hitzigen Diskussionen. Es bleibt abzuwarten, wie die Situation sich in den einzelnen Bundesländern entwickelt und zu welcher Entscheidung es kommen wird.

Eure Meinung ist gefragt – folgt uns gerne auf Facebook und hinterlasst uns eure Meinung in den Kommentaren!

Florian Seybecke, Die Pflegeexperten GmbH